Wahl der Saite

1. Naturdarmsaiten


Naturdarmsaiten ("natural gut") werden in einem aufwendigen Verfahren aus Kuhdärmen hergestellt. Sie zeichnen sich durch unübertroffene Elastizität, Spannungsstabilität und "Lebendigkeit" aus. Aber sie sind sehr teuer und relativ witterungsempfindlich, obwohl Darmsaiten in den letzten Jahren in dieser Hinsicht stark verbessert wurden. Die meisten Profis spielen mit Naturdarm, aber für normale Clubspieler eigentlich kein Thema. Achtung: Es gibt Naturdarmsaiten, die aus Schafdarm hergestellt werden. Diese Saiten sind in der Regel minderwertig und man sollte sich nicht durch den niedrigen Preis verleiten lassen. Gute Darmsaiten sind nicht unter 25 Euro pro Set erhältlich.
Als Beispiele für Naturdarmsaiten seien genannt die Babolat VS Team (unter den Profis die beliebteste), Dunlop Master PU, und Pacific Prime Gut.

 

2. Kunstsaiten


Kunst- oder Synthetiksaiten sind meist High-Tech-Produkte, an denen ständig weiterentwickelt wird, um deren Spielbarkeit der von Naturdarmsaiten anzugleichen, bei gleichzeitig kostengünstigerer Produktion. Bei den Kunstsaiten gibt es eine Vielfalt an unterschiedlichen Strukturen und Materialien. Ich werde kurz auf die wichtigsten Typen eingehen.

 

2.1.Nylonsaiten

 

Der am häufigsten verwendete Saitentyp. Nylonsaiten gehören zu den preisgünstigsten Tennissaiten und bestehen meist aus einem monofilen (einfaserigen) Nylonkern und verschiedenartigen widerstandsfähigen Ummantelungen. Nylon (Polyamid) eignet sich aufgrund der guten dynamischen Eigenschaften sehr gut für den Einsatz in Tennissaiten. Die zahlreichen unterschiedlichen Konstruktionstypen (Beschaffenheit und Art der Wicklung der umgebenden Fasern) beeinflussen hierbei die Saiteneigenschaften maßgeblich. In der Regel können Nylonsaiten mit mehreren Ummantelungen als hochwertiger angesehen werden. Die Ummantelungen reduzieren den bei Nylonsaiten auftretenden Spannungsverlust etwas. Nylonsaiten eignen sich für Spieler mit normalem bis hohem Saitenverschleiß. Als Beispiele seien hier die Prince Tournament Nylon (die wohl bekannteste Nylonsaite), Head Synthetic Gut PPS, Wilson Stamina DT und Babolat Powergy genannt.

 

2.2. Polyestersaiten

 

Polyestersaiten weisen eine äußerst einfache Konstruktion auf: Sie bestehen aus einem einzelnen Polyesterstrang und einer dünnen Beschichtung. Diese Konstruktion nennt man "Monofilament". Es gibt sie in verschiedenen Stärken (Durchmesser 1,10 bis 1,35 mm), wodurch man sich die Spieleigenschaften aussuchen kann. Polyestersaiten sind wenig elastisch und fühlen sich im Vergleich zu Nylon- oder Multifilamentsaiten relativ starr an, weisen dafür aber eine weitaus bessere Haltbarkeit auf, so daß auch dünnere Durchmesser verwendet werden können. Reine Polyestersaiten wie die Polystar Classic oder die Kirschbaum Super Smash haben einen nicht unerheblichen Nachteil: Die Spannung wird nicht lange gehalten, die Kontrolle läßt nach und die Saite fühlt sich nach kurzer Spielzeit "tot" an. Daher sind Polyestersaiten nur für Spieler mit hohem Saitenverschleiß zu empfehlen. Für diese Spieler bieten Polys auch ein gutes Preis/Leistungsverhältnis.
In den letzten Jahren wurde seitens der Hersteller ein enormer Aufwand betrieben, um Monofilament-Saiten mit verbesserten Eigenschaften zu entwickeln und die Schwachstellen (fehlende Elastizität und Spannungsstabilität) zu beseitigen. Luxilon hat sich auf diese Saiten spezialisiert. Den Saiten werden eine Vielzahl von Zusatzstoffen wie PEEK, Carbon und Metallkomponenten beigemischt, um die Spieleigenschaften zu modifizieren. Heute hat praktisch jeder Anbieter solche Co-Polyestersaiten im Angebot. Beispiele: Luxilon Big Banger Alu Power, Kirschbaum Touch Turbo, Signum Pro Poly-Plasma, Polyfibre Poly-Hightec, Head Ultra Tour.

 

2.3. Titanium-Saiten


Im Zuge des Titanium-Booms bei Tennisschlägern gab es auch bald eine Welle von "revolutionären" Titanium-Saiten. Basierend auf Nylon- oder Multifilament-Saiten wird das Titan entweder außen auf die Saite aufgebracht, um das Material vor UV-Strahlung und Abrieb zu schützen, oder in die Fasern eingelagert, um die Spieleigenschaften zu verändern.
Da der Titanium-Boom mittlerweile wieder vorüber ist, sind Titanium-Saiten heute kaum noch im Gespräch. Oftmals bezieht sich das Wort "Titan" im Namen einer Saite nur noch auf die Farbgebung. Beispiele für "echte" Titanium-Saiten sind Gosen OG-Sheep JC Titan, Tyger Ultra Titanium (Beschichtung) und Isospeed Titanium (Faser).

 

2.4. Multifilament-Saiten

 

Um den Darmsaiten in den Spieleigenschaften möglichst nahe zu kommen, verdrillt man bei diesen Saiten viele dünne Einzelfasern (Microfilamente), welche aus den verschiedensten Materialien bestehen können, zu einer Saite und ummantelt diese noch mit einem widerstandsfähigen Material. Vorteile sind hierbei höhere Elastizität und Spielbarkeit, aber solche Saiten fasern schnell auf und halten deshalb nicht lange. Zudem sind diese Saiten aufgrund der aufwendigen Herstellung nicht gerade billig. Der größte Vorteil dieser Saiten ist die hohe Armschonung, und bei Armproblemen sollte man nicht am falschen Ende sparen. Tecnifibre hat sich mehr oder weniger auf diesen Saitentyp spezialisiert. Beliebte Multifilamentsaiten sind daneben z.B. die Isospeed Professional, Head FiberGel, Kirschbaum Touch Multifibre, Wilson NXT Tour und die Babolat XCel Premium.

 

2.5. Strukturierte Saiten

 

Saiten mit einer strukturierten Oberfläche sollen dem Spieler mehr Spin ermöglichen, indem sie besser in den Ball greifen. In der Tat bieten die meisten strukturierten Saiten einen tollen Spin und damit verbunden eine exzellente Kontrolle, doch leider spielt sich diese Struktur schnell ab, und außerdem verhilft sie der Saite nicht gerade zu mehr Haltbarkeit. Beispiele: Kirschbaum Super Smash Spiky, Pacific Power Hex, Isospeed Pyramid, Prince Topspin Plus.

 

2.6. Hybridsaiten

 

Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus zwei unterschiedlichen Saiten, von denen eine für die Längs-, die andere für die Querbespannung verwendet wird. Da bei einer einheitlichen Bespannung eigentlich immer die Längssaite reißt, weil sie sich stärker bewegt und sich an der Quersaite "kaputtreibt", verwendet man bei Hybrid-Saiten für gewöhnlich eine haltbare Saite als Längssaite (z.B. Polyester oder Aramid/Kevlar/Technora). Als Quersaite verwendet man als Ausgleich eine sehr elastische Synthetiksaite. Die Spieleigenschaften solcher Hybrid-Bespannungen sind gut, und die Haltbarkeit einer Poly/Multi Hybridsaite ist oft sogar höher als die einer reinen Poly-Bespannung.
Die Kombinationsmöglichkeiten für Hybridsaiten sind fast unendlich groß. Weil man mit Hybridsaiten sehr individuelle Kombinationen erstellen kann, erfreuen sich Hybridbespannungen insbesondere bei Selbstbesaitern immer größerer Beliebtheit. Es gibt aber auch von den Herstellern zusammengestellte und im Set verkaufte Hybridsaiten wie z.B. die Pacific Poly Gut Blend, Völkl Catapult FIRE, oder die Wilson HyperLast. Babolat bietet die Möglichkeit, "halbe" Sets der Pro Hurricane, der X-Cel Premium und der VS Team zu individuellen Hybridsaiten zusammenzustellen (Custom+ Hybrid).

 

3. Allgemeine Hinweise zu Tennissaiten

 

Um das Beste aus seiner Bespannung herauszuholen, muß man noch etwas mehr tun als nur die beste Saite verwenden. Das richtige Bespannungsgewicht ist ungefähr genauso wichtig wie die Wahl des Schlägerrahmens. Allgemein gilt: je härter man bespannt, desto weniger Power und desto mehr Kontrolle hat man. Umgekehrt ergibt sich aus einer weicheren Bespannung eine höhere Ballbeschleunigung und damit verbunden ein Verlust der Kontrolle. Man sollte unbedingt an seiner Bespannungshärte herumprobieren; wenn man besser spielt - super, und wenn nicht, dann nimmt man beim nächsten Mal eben wieder das alte Gewicht. Zur besseren Übersicht, inwiefern Bespannungshärte und Saitenstärke die Spieleigenschaften des Schlägers beeinflussen, habe ich folgende Tabellen zusammengestellt:

 

Härte

Power

Kontrolle

Haltbarkeit

Ballgefühl

Armschonung

weicher

mehr

weniger

mehr

mehr

mehr

härter

weniger

mehr

weniger

weniger

weniger

 

 

Saitenstärke

Elastizität

Haltbarkeit

Spin

Ballgefühl

Armschonung

dünner

mehr

weniger

mehr

mehr

mehr

dicker

weniger

mehr

weniger

weniger

weniger

 

Um die Haltbarkeit seiner Bespannung heraufzusetzen, sollte man seinen Schläger nie unnötig extremer Hitze, Kälte oder Feuchtigkeit aussetzen. Man sollte den Schläger immer in der dafür vorgesehenen Schlägerhülle aufbewahren. Bei Schlägern, bei denen die Saite am Kopf etwas vorsteht, sollte man ein Kopfschutzband anbringen (normales Klebeband), damit man erstens nicht mit der Saite am Boden reibt und zweitens kein Sand in die Ösen gelangen kann.
Saiten verlieren mit der Zeit an Elastizität. Bei der einen Saite geht das schneller, bei der anderen langsamer. Darunter leidet die Spielbarkeit, und wer einen empfindlichen Arm hat, der wird es bald im Ellenbogen spüren. Generell sollte man nicht länger als 2 bis 3 Monate mit der selben Bespannung spielen. Dann wird es Zeit, die Saite herauszuschneiden und die Bespannung aufzufrischen.

Oft wird die Stärke von Tennissaiten nicht in Millimetern angegeben, sondern in der alten "Gauge" (gespr. <gäidsch>). Da keiner etwas damit anfangen kann, soll die folgende Tabelle weiterhelfen (ohne Gewähr):

 

Gauge

Durchmesser ca.

15

1.43 mm

15L

1.38 mm

16

1.32 mm

16L

1.28 mm

17

1.25 mm

17L

1.20 mm

18

1.10 mm

 

© Jens Barthelmes